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AL Riese

Ein weiteres Quartier von Hitler „Riese” sollte auf dem Gebiet des Eulengebirges mit dem Führersitz in Fürstenstein errichtet werden. Wahrscheinlich im Oktober 1943 begann der Quartierbau, welcher zunächst dem Hauptausschuss Bau des Rüstungsministeriums oblag. Die Bauarbeiten wurden unter der Aufsicht der eigens zu diesem Zweck gegründeten Schlesischen Industriegemeinschaft A.G. durchgeführt, die ihre Baugeneraldirektion in Bad Charlottenbrunn (poln. Jedlina Zdrój) hatte.

Siehe Karte des Komplexes AL Riese

Zur Realisierung dieses Bauvorhabens traf man die Entscheidung über die Ausbeutung der Arbeitskraft der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen. Anfang November 1943 existierten auf dem Gebiet des Eulengebirges schon vier Sammellager, die für die Zwangsarbeiter bestimmt wurden. Die großen Arbeitermassen waren aber nicht imstande die ihnen gestellten Aufgaben zu bewältigen, und das Bautempo der durchgeführten Arbeiten erwies sich als zu langsam. Aus diesem Grund wurde die Schlesische Industriegemeinschaft A.G. wahrscheinlich in der ersten Aprilmitte 1944 von ihrer Pflicht entbunden. Das Bauvorhaben übernahm die Organisation Todt – als Oberbauleitung Riese (OBL Riese) mit Sitz in Bad Charlottenbrunn. Am 9. April 1944 wurden die Häftlinge des Konzentrationslagers Gross-Rosen zur Bauarbeiten eingesetzt. Auf diese Weise sollte das Bautempo der durchgeführten Arbeiten beschleunigt werden. Man begann die Zwangsarbeitslager zu errichten, die gewissermaßen selbständiger Kommandantur untergeordnet wurden. So entstand ein Arbeitslager Riese, zu dem 13 Lager und ein Lagerkrankenhaus gehörten. Die ersten zwei Lager – Tannhausen (poln. Jedlinka Zdrój) und Wüstewaltersdorf (poln. Walim) wurden im April 1944 eingerichtet. Ende April oder Anfang Mai entstanden die weiteren Lager in Falkenberg (poln. Sokolec) und Schrotterwerk (auf dem Gebiet Oberwüstegiersdorf – poln. Głuszyca Górna). Im Mai entstanden die Lager in: Erlenbusch (poln. Olszyniec), Fürstenstein (poln. Książ), Märzbachtal (poln. Marcowy Strumień), Wolfsberg (poln. Włodarz) und Wüstegiersdorf (poln. Głuszyca). Eingerichtet wurden auch die Lager in den Ortschaften: Säuferwasser (in der Nähe des Baches Säuferwasser – poln. Kłobia) zwischen Mai und Ende Juli, Dörnhau (poln. Kolce) im Juni, Kaltwasser (poln. Zimna bei Głuszyca) Ende August, Lärche in der zweiten Dezemberhälfte (nach der Auflösung des Lagers in Kaltwasser) und Zentralrevier Tannhausen in der zweiten Novemberhälfte. Die Lagerlokalisierung konnte aus den aktuellen Bedürfnissen und durchgeführten Arbeiten erfolgen.

Die Verwaltung und Kommandantur des AL Riese befanden sich in Wüstegiersdorf. Der SS-Hauptsturmführer Albert Lütkemeyer erfüllte die Funktion des Kommandanten. Zur Häftlingsüberwachung wurde ein großer Teil der Wachmannschaft aus dem Hauptlager abgeordnet. Für den ganzen Zeitraum des Bestehens des AL Riese fehlen es Unterlagen, aber es ist bekannt, dass zwischen dem 26. Dezember 1944 und 25. Januar 1945 die Wachmannschaft mit 853 SS-Männern zur Verfügung des Lagerkommandanten stand, was 20,7 % der damaligen Besatzung des KL Gross-Rosen bildete.

Das AL Riese durchliefen ca. 13 000 Häftlinge. Alle Gefangenen waren Juden, die aus vielen europäischen Ländern – Ungarn, Polen, Griechenland, Jugoslawien, Tschechoslowakei, Italien, Belgien und den Niederlanden stammten. Hitlers Behörden strebten danach, dass alle Häftlinge zur schweren physischen Arbeit fähig waren, und deshalb wurden dazu junge gesunde und kräftige Männer bevorzugt. Die ersten Häftlinge wurden in das Lagerverzeichnis des KL Gross-Rosen am 26. April eingetragen. Es waren griechische Juden aus dem KL Auschwitz, woher die meisten Häftlingstransporte eintrafen.

Eigentlich in allen Lagern (außer AL Dörnhau) wohnten die Häftlinge in primitiven und provisorischen Gebäuden. Es ist bekannt, dass von vielen Objekten keine Spuren blieben.

Die Häftlinge mussten je nach Bedarf der Firmen verschiedene Arbeiten verrichten. Sie bauten Straßen, Brücken, Kanalisationen und oberirdische Objekte, aber vor allem waren am Bau von Stollen beschäftigt. Das war die schwerste und ungefährlichste Arbeit, daher kam es zu vielen tödlichen Unfällen.


Den Bauvorhaben Riese gelang es nicht zu vollenden. Angesicht der näher rückenden Front wurden die Bauarbeiten wahrscheinlich im Januar 1945 eingestellt, aber man kann nicht ausschließen, dass die Arbeiten in manchen Orten bis Ende April weitergeführt wurden.
Das bedeutete für einen Teil der Häftlinge ein Anfang weiterer Kette von Tragödien. Aus den meisten Lagern wurden die erkrankten Gefangenen in die zentralen Krankenlager in Dörnhau und Tannhausen verlegt. Die marschfähigen Häftlinge der Lager in Falkenberg, Fürstenstein, Lärche, Märzbachtal, Wolfsberg, und Wüstegiersdorf wurden im Februar (16 II Wolfsberg) nach Bergen-Belsen, Flossenbürg und Mauthausen evakuiert. Während der Evakuierung starben mindestens 256 Häftlinge. In allen Lagern des Komplexes Riese kamen insgesamt mindestens 4775 Gefangenen ums Leben. In den ersten Wochen nach dem Kriegsende starben noch 154 Menschen. Die Zahl der Todesopfer des Komplexes Riese beträgt 4929 Personen.